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Gotha

Städtebaulicher Ideenwettbewerb Wohnen an der Blumenbachstrasse, 2. Preis

2. Preis (ohne 1. Preis), in Zusammenarbeit mit freiraumpioniere

2011

Das Quartier heute

Die Entwicklung des Schwarzen Viertels an der Blumenbachstraße steht exemplarisch für die städtebaulichen Brüche, welche Gotha in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, widerfuhren. Die fehlenden Bezüge zwischen der historisch gewachsenen Altstadt, einzelnen erhaltenen historischen Bauten und den Neubauten der 1980er Jahre lassen das Viertel eigentümlich fremd erscheinen. Neben der offensichtlich unterschiedlichen Architektursprache sind es vor allem die, in Gestaltung, Maßstab und Funktion, wenig definierten und differenzierten Freiräume, welche das Quartier monoton und beliebig erscheinen lassen. Die nebenan, im gewachsenen Zentrum, noch vorherrschende klare Gliederung in privat und öffentlich, Strasse und Platz, steinern und grün endet hier abrupt.

das Bestehende ordnen

Ein in Funktion und Gestaltung klar definiertes Freiraumsystem ordnet die heterogenen Teilflächen neu. Die Hützelsgasse und die Blumenbachstraße bilden hierbei das Rückgrat aus. An deren Schnittpunkt bilden der Quartiersplatz und eine Grüne Promenade den Quartiersmittelpunkt. Sie stellen zugleich ein entscheidendes Bindeglied im übergeordneten Freiraumnetz Innenstadt – Westliche Vorstadt dar. Die Quartierseingänge im Westen und Norden werden, dem südlichen Beispiel des Augustinerplatzes folgend, mit kleinen Plätzen versehen und stellen so den Auftakt ins Quartier her.

Alle notwendigen Freiraumfunktionen werden in dieses einfache System eingegliedert. Der öffentliche Raum wird sinnvoll und nachhaltig besetzt und der halböffentliche und private Raum von öffentlichen Funktionen weitestgehend entbunden.

Minimierung des Verkehrs

Die Erschließung des Quartiers für den MIV erfolgt weiterhin über die Jüdenstrasse / Augustinerstraße, mit einer weiteren Ausfahrt an der Fritzelsgasse. Die zentrale Blumenbachstraße ist verkehrsberuhigt in beide Richtungen für Anlieger befahrbar. Die westliche Hützelsgasse wird zugunsten der neuen zentralen Grünen Promenade für den MIV geschlossen. Durch die Neuorganisation der Stellplätze entlang der Bürgeraue steht eine zweite Nord-Süd-Verbindung zur Verfügung.

Der Neuordnung des ruhenden Verkehrs liegt ein einfaches Prinzip zu Grunde. An den Rändern des Quartiers stehen großzügige Parkangebote zur Verfügung, welche den Suchverkehr vereinfachen und dennoch kurze Wege zu den Wohnungen (maximal 100 Meter) gewährleisten. Im zentralen Quartiersbereich stehen nur wohnungsgebundene Stellplätze zur Verfügung. Parksuchverkehr wird vermieden und die wertvollen Freiräume werden nicht mehr von parkenden Autos dominiert. Insgesamt stehen dem Quartier 245 Freiraum- Stellplätze und 530 Parkgaragen-Stellplätze zur Verfügung.

Das neue Herz

Die elegante Grüne Promenade der westlichen Hützelsgasse und der steinerne Quartiersplatz formen einen ambivalenten Mittelpunkt mit vielfältigem Freiraumangebot. Als öffentlicher Dreh- und Angelpunkt bieten maßstäbliche Flächen generationsübergreifende Spiel- und Aufenthaltsangebote und sind für die anliegenden Wohnquartiere und die gesamte westliche Innenstadt ein wertvoller neuer Freiraum und repräsentativer Stadteingang.

Wohnen Plus

An zentraler Stelle, östlich des Quartiersplatzes, ist ein Neubau vorgesehen, der öffentliche Gewerbe-Einrichtungen (z. B. Cafe, Ärztehaus, Apotheke) mit qualitätvollem innerstädtischem Wohnen und einem zusätzlichen Angebot an Anwohner-Parkraum verbindet. Die Profile der Hützels-, als auch der Salzengasse werden deutlich konturiert und die wichtige innerstädtische Abfolge von Straße / Gasse und Platz in Richtung Hauptmarkt wieder erlebbar. Der Neubau ist mit maximal vier Vollgeschossen deutlich niedriger als der Bestand. Der Identität stiftende Rathausturm wird so vom Quartiersplatz und der Grünen Promenade aus wieder sichtbar. Einer Aufgabe von 76 unsanierten Wohneinheiten stehen der Gewinn von 33 modernen Wohneinheiten und 12 Gewerbeeinheiten gegenüber. Korrigierende Eingriffe in die Bestandsbebauung (Fritzelsgasse 2 und 27) ermöglichen zudem eine Weiterentwicklung städtebaulich problematischer Übergangsbereiche.

Nahtstelle Blumenbachstraße

Die Blumenbachstraße verteilt den westlich ankommenden Fußgängerstrom auf das Gassengeflecht der Altstadt und ist Erschließungsweg für Anlieger. Als Mittler zwischen historischer Altstadt und modernen Anwohnerstraßen wird der Freiraum eindeutig gegliedert und störende Funktionen minimiert. Das Profil der Fahr- / Gehbahn wird auf das historische Maß zurückgenommen. Die frei werdenden Flächen werden den angrenzenden Wohngebäuden zugeordnet, durch eine Aufkantung vom Straßenraum abgesetzt und nehmen wichtige gebäudenahe Funktionen in wiederkehrendem Gestaltmuster auf.

Ökologische Oasen

Die Innenhöfe sollen in Gestalt und Funktion einen Kontrapunkt zum öffentlichen Freiraum setzen. Als weitestgehend entsiegelte Flächen nehmen sie wichtige ökologische Funktionen im Quartier wahr und stellen naturnahe Rückzugsmöglichkeiten im Quartiersinneren dar. Der Anteil der versiegelten Freiflächen kann dadurch im Wettbewerbsgebiet auf 24% begrenzt werden.

Oberflächen und Beläge

Von Osten, vom Markt her kommend, wird das Stadtbodenkonzept in den angrenzenden Gassen übernommen. Die Nord – Süd verlaufende Blumenbach / Klosterstraße soll mit dem Quartiersplatz den westlichen Abschluss des Altstadt- Natursteinbodens bilden. Die westlich angrenzenden, deutlich unterscheidbaren Straßen erhalten, der Entstehungszeit der Bebauung entsprechend, Oberflächenbeläge aus Asphalt und Betonwerkstein.

Das Quartier morgen

Ein soziales Quartier auf dessen Gassen, Straßen und Plätzen lebendige Vielfalt den Alltag bestimmt. Das barrierefrei und verkehrsberuhigt erschlossen ist und über einen zentralen grünen Freiraum mit Kinderspielplatz verfügt. Ein grünes Quartier, dessen Wohnhöfe ökologische Oasen der Ruhe sind, die für ein angenehmes Klima im Quartier sorgen und nachhaltiges Regenwassermanagement ermöglichen.